Wie du dein Pferd vor Sommerekzem schützen kannst – dauerhaft & effektiv

Inhaltsverzeichnis:

Sommerekzem

Was ist Sommerekzem – und warum betrifft es so viele Pferde?

Das Sommerekzem ist eine chronische allergische Hauterkrankung, die vor allem in den warmen Monaten auftritt – verursacht durch eine Überempfindlichkeit gegenüber den Stichen bestimmter Insekten, insbesondere der Gnitzen (Culicoides spp.). Betroffene Pferde leiden unter quälendem Juckreiz, offenen Wunden und dauerhaften Hautveränderungen.

Ein zunehmendes Problem in Europa

Besonders Islandpferde und importierte Rassen ohne natürlichen Schutz sind betroffen. Aber auch heimische Pferde erkranken immer häufiger – begünstigt durch:

  • Klimawandel und längere Insektensaison
  • Veränderung der Weidebedingungen
  • Genetische Veranlagung und geschwächtes Immunsystem

Warum Sommerekzem keine Bagatelle ist

  • Starker Juckreiz führt zu massivem Scheuern
  • Sekundärinfektionen und Narbenbildung sind häufig
  • In schweren Fällen kann die Lebensqualität massiv eingeschränkt sein
  • Ohne konsequente Maßnahmen wird das Ekzem mit jedem Jahr schlimmer

Ursachen und Auslöser des Sommerekzems

Das Sommerekzem ist keine einfache Hautreizung, sondern eine allergische Reaktion auf den Speichel bestimmter Insekten. Die betroffenen Pferde entwickeln eine Überempfindlichkeit (Typ-I- und Typ-IV-Allergie), was zu einer übersteigerten Immunantwort auf eigentlich harmlose Proteine führt.


1. Der Hauptverursacher: Die Gnitze (Culicoides spp.)

  • Diese winzigen Mücken sind besonders in der Dämmerung aktiv (morgens & abends).
  • Sie leben in feuchten Gebieten (Weiden in Bachnähe, Misthaufen etc.)
  • Beim Blutsaugen injizieren sie Speichel, auf den das Immunsystem überreagiert.

2. Weitere Insekten als Verstärker

Auch andere stechende Insekten (z. B. Bremsen, Stechmücken, Kriebelmücken) können das Ekzem verschlimmern – sie sind zwar nicht die primäre Ursache, verstärken aber die Symptome.


3. Genetische Veranlagung und importierte Pferde

  • Besonders Islandpferde oder Pferde aus nordischen Regionen sind betroffen.
    Warum? Sie kamen ursprünglich ohne Gnitzenkontakt auf die Welt und bilden keinen natürlichen Immunschutz.
  • Auch andere importierte Pferde (z. B. Friesen, Paso Finos, Tinker) zeigen eine höhere Anfälligkeit.
  • Manche Pferde reagieren ab dem zweiten oder dritten Sommer nach der Einreise mit starkem Ekzem.

4. Immunsystem, Stoffwechsel und Hautgesundheit

Folgende Faktoren begünstigen die Entstehung oder Verstärkung:

  • Allgemeine Allergieneigung (z. B. Heustaub, Pollen)
  • Ungleichgewicht im Mikrobiom der Haut oder des Darms
  • Leberbelastung oder mangelhafte Entgiftungsleistung
  • Ungünstige Fütterung (zuckerreich, mineralstoffarm)

5. Umweltfaktoren

  • Stehende Luft und Hitze erhöhen die Gnitzenaktivität
  • Feuchte Wiesen, Nähe zu Gewässern, windgeschützte Koppeln fördern den Befall
  • Auch Stallklima (Ammoniakdämpfe, feuchte Boxen) kann die Hautbarriere schwächen

Fazit: Das Sommerekzem ist keine einfache „Insektenallergie“, sondern das Ergebnis vielschichtiger Auslöser, die individuell erkannt und reduziert werden müssen.

Symptome: So erkennst du Sommerekzem frühzeitig

Das Sommerekzem zeigt sich vor allem durch starken, saisonalen Juckreiz, meist zwischen April und Oktober. Die Symptome treten immer wiederkehrend auf und verstärken sich meist von Jahr zu Jahr – wenn keine gezielte Behandlung erfolgt.


1. Typische betroffene Körperstellen

  • Mähnenkamm
  • Schweifrübe
  • Bauchnaht (mittig, von Brust bis Schlauchsack/Euter)
  • Widerrist
  • Ohren und Gesicht (seltener, meist bei starkem Befall)

👉 Diese Stellen sind für Gnitzen besonders gut erreichbar – dünne Haut, warme Körperregionen.


2. Frühe Anzeichen (Frühjahr/erste Insektenflüge)

  • Leichtes Scheuern an Mähne und Schweif
  • Erste kleine Pusteln oder Quaddeln
  • Unruhe beim Reiten oder Putzen
  • Pferd wird „kribbelig“, schlägt mit dem Schweif, wälzt sich häufiger

3. Fortgeschrittene Symptome (Sommer)

  • Kahle Stellen durch Scheuern
  • Verkrustete, nässende Wunden
  • Verdickte, verdorbene Hautareale (Lichenifikation)
  • Starker Sekundärgeruch durch Hautinfektionen
  • Teilweise sogar blutige Stellen oder offene Haut

4. Langfristige Folgen bei chronischem Sommerekzem

  • Narbenbildung, dauerhaft kahle Mähnen- und Schweifansätze
  • Sekundäre bakterielle oder mykotische Infektionen
  • Reduzierte Reitbarkeit und Berührungsempfindlichkeit
  • Psychische Belastung durch ständigen Juckreiz (Unruhe, Aggression)

5. Verwechslungsgefahr

Das Sommerekzem kann leicht mit anderen Hautproblemen verwechselt werden, z. B.:

  • Parasitenbefall (Haarlinge, Milben)
  • Pilzinfektionen
  • Mauke oder Hautekzeme durch Futter-/Kontaktallergien
  • mechanische Scheuerstellen durch Sattel oder Fliegendecken

➡️ Eine eindeutige Diagnose stellt immer der Tierarzt, ggf. mit Hautprobe oder Allergietest.

Behandlung: Was hilft wirklich gegen Sommerekzem?

Die Behandlung des Sommerekzems ist langfristig und ganzheitlich. Ein einzelnes Mittel wirkt selten dauerhaft – nur eine Kombination aus Insektenschutz, Hautpflege, Ernährung und ggf. Medikation bringt nachhaltigen Erfolg.


1. Insektenschutz – die wichtigste Maßnahme

✅ Ekzemerdecke

  • Speziell entwickelte Decken mit Bauchlatz, Halsteil und Schweifschutz
  • Eng anliegend, aber atmungsaktiv
  • Rund-um-die-Uhr tragen, ab dem ersten Insektenflug (idealerweise schon ab März/April)

✅ Fliegenspray

  • Ergänzend zur Decke
  • Nur ekzemverträgliche Varianten ohne aggressive Inhaltsstoffe verwenden
  • Auf Mähnenkamm, Bauch und Beine sprühen (ggf. mit Schwamm auftragen)

2. Hautpflege und Wundversorgung

✅ Reinigende Pflege

  • Regelmäßiges Waschen mit mildem Ekzemshampoo (pH-neutral, juckreizlindernd)
  • Trockene, saubere Haut verhindert Sekundärinfektionen

✅ Rückfettende und heilende Salben

  • Zinksalbe, Ringelblumensalbe, Aloe Vera oder spezielle Ekzemcremes
  • Bei nässenden Stellen: kühlende Gels
  • Bei Krusten: weichen lassen, nicht gewaltsam entfernen

✅ Vorsicht bei stark duftenden Produkten

  • Viele ätherische Öle sind hautreizend – v. a. bei offenen Stellen
  • Kein Teebaumöl! (für Pferdehaut giftig bei hoher Konzentration)

3. Innere Unterstützung – Futter & Ergänzer

✅ Futterumstellung

  • Zucker- und stärkearme Ernährung (besonders bei Stoffwechselpferden)
  • Analysiertes Heu, keine Silage oder schimmelbelastetes Futter
  • Kein Weidegang in der Dämmerung oder an warmen, windstillen Tagen

✅ Ergänzungsfuttermittel

  • Schwarzkümmelöl, Omega-3-Fettsäuren, Zink, Biotin, Schwefelverbindungen (z. B. MSM)
  • Bierhefe zur Unterstützung des Hautstoffwechsels
  • Bei Allergikern: Beratung zur gezielten Haut-Darm-Achse und Entgiftung

4. Medikamentöse Behandlung (in schweren Fällen)

Kortison (systemisch oder lokal)

  • Lindert starken Juckreiz und Entzündung
  • Nur kurzfristig anwenden! Langzeitgebrauch kann zu Hufrehe führen

Antihistaminika

  • Wirken in manchen Fällen unterstützend, oft begrenzter Erfolg

Immunmodulatoren

  • Zunehmend im Einsatz, z. B. Allergen-spezifische Immuntherapien (Desensibilisierung)

5. Alternative und unterstützende Therapien

  • Blutegeltherapie, Bioresonanz, Akupunktur, Homöopathie – individuell unterschiedlich wirksam
  • Wichtig: Nur begleitend einsetzen, niemals als Ersatz für wirksamen Insektenschutz

Vorbeugung: So schützt du dein Pferd vor Sommerekzem

Sommerekzem lässt sich nicht „heilen“ – aber sehr gut kontrollieren, wenn du frühzeitig und konsequent vorbeugst. Je eher du Maßnahmen ergreifst, desto milder verläuft das Ekzem – oder tritt im besten Fall gar nicht erst auf.


1. Frühzeitiger Start der Ekzemprophylaxe

  • Beginne mit dem Management ab Februar oder März, noch bevor die ersten Insekten aktiv sind.
  • Sobald der Juckreiz beginnt, ist es oft zu spät für reine Prävention – dann musst du bereits behandeln.

2. 24/7-Insektenschutz sicherstellen

  • Ekzemerdecke frühzeitig anlegen – dauerhaft, nicht nur tagsüber!
  • Fliegenspray konsequent verwenden, auch an bewölkten oder windigen Tagen
  • Moskitonetze im Stall oder Insektenlampen in besonders betroffenen Regionen

3. Weidemanagement optimieren

  • Weidezeiten in die Mittagsstunden legen (weniger Gnitzenaktivität)
  • Weiden mit stehendem Wasser, Bäumen oder windgeschützten Ecken vermeiden
  • Weidegang auf kühlen, windigen Tagen bevorzugen

4. Fütterung anpassen

  • Zucker- und stärkearme Ernährung (besonders bei stoffwechselempfindlichen Pferden)
  • Ergänzungsfuttermittel mit Haut- und Fellunterstützung gezielt einsetzen (ab Spätwinter)
  • Weide erst nach Anweiden, keine abrupten Futterumstellungen

5. Hautbarriere stärken

  • Regelmäßiges Waschen mit milden Shampoos oder spülen mit klarem Wasser nach dem Reiten
  • Rückfettende Pflegeprodukte zur Stärkung der Hautflora
  • Achte auf gute Fellpflege – Mähnenfilz, Dreck und Schuppen fördern das Scheuern

6. Immunsystem und Darmgesundheit im Blick behalten

  • Stärkung über Mineralstoffe, Kräuter, Omega-3-Fettsäuren, Darmsanierung
  • Kontrolliere den Allgemeinzustand regelmäßig durch Blutbilder – v. a. bei älteren oder importierten Pferden

7. Frühzeitige Reaktion auf erste Symptome

  • Schon bei leichtem Scheuern gezielt handeln: Decke anpassen, Pflege intensivieren
  • Leichte Reaktionen ernst nehmen – Frühintervention verhindert Chronifizierung

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Sommerekzem beim Pferd

1. Was genau ist Sommerekzem beim Pferd?

Sommerekzem ist eine allergische Hauterkrankung, die durch eine Überreaktion auf den Speichel von Gnitzen ausgelöst wird. Sie tritt saisonal auf und verursacht starken Juckreiz, Scheuerstellen und Entzündungen.


2. Welche Pferde sind besonders anfällig für Sommerekzem?

Besonders betroffen sind Islandpferde, importierte Rassen, Ponys und Pferde mit geschwächtem Immunsystem oder Stoffwechselproblemen wie EMS oder Cushing.


3. Wie erkenne ich, ob mein Pferd an Sommerekzem leidet?

Typisch sind Scheuern von Mähne und Schweif, nässende Wunden, Juckreiz an Bauchnaht oder Widerrist sowie Unruhe, vermehrtes Wälzen und Scheuern an Zäunen oder Bäumen.


4. Was hilft am besten gegen Sommerekzem?

Die Kombination aus Ekzemerdecke, insektensicherem Weidemanagement, hautschonender Pflege und passender Fütterung ist der Schlüssel. In schweren Fällen kann auch eine medikamentöse Therapie notwendig sein.


5. Kann Sommerekzem wieder verschwinden?

Sommerekzem ist in der Regel chronisch, lässt sich aber durch frühzeitige und ganzheitliche Maßnahmen sehr gut kontrollieren. In seltenen Fällen verbessert sich die Empfindlichkeit mit den Jahren.


6. Wann sollte man mit der Behandlung beginnen?

Bereits vor dem ersten Insektenflug, also idealerweise im Spätwinter/Frühjahr. Prävention ist effektiver als Behandlung während eines akuten Schubs.


7. Hilft eine Ekzemerdecke wirklich?

Ja, sie ist der wichtigste mechanische Schutz vor Insektenstichen – wenn sie frühzeitig und konsequent eingesetzt wird, am besten rund um die Uhr.


8. Darf ein Ekzemer auf die Weide?

Ja, aber nur unter bestimmten Bedingungen: kurze Weidezeiten, mittags statt morgens/abends, mit Decke und Maulkorb, und nicht auf insektenreichen Flächen.


9. Kann Sommerekzem durch das Futter beeinflusst werden?

Definitiv. Zuckerarme, mineralstoffreiche Fütterung, gezielte Ergänzer und Darmsupport helfen, das Immunsystem zu stabilisieren und die Haut zu stärken.


10. Ist Sommerekzem ansteckend?

Nein, Sommerekzem ist nicht ansteckend – es handelt sich um eine individuelle allergische Reaktion, die nicht auf andere Pferde übertragen wird.

Weil mir das Wohl Ihres Pferdes am Herzen liegt:

Bei Fragen zum Sommerekzem bei Ihrem Pferd, kontaktieren Sie mich gerne.

Ihr Dr. vet. Henning v. Lützow